Stellen Sie sich vor, Sie sind ein Kleinbauer. Sie haben ein paar Hektar Land, das gerade so viel Ertrag liefert, dass Sie sich und ihre Familie ernähren können. Dieses Land bestellen Sie seit Jahrzehnten, jedenfalls länger, als Sie sich erinnern können.
Eines Tages fahren Bulldozer, begleitet von Soldaten. Die Bulldozer planieren Ihre Felder. Als Sie fragen, was das soll und mit welchem Recht sie das tun, tauchte inmitten der Soldaten ein Regierungsvertreter auf, der Ihnen erklärt, dass das Land, das sich jahrzehntelang im Besitz Ihrer Familie befand, von der Regierung an einen ausländischen Agrarkonzern verkauft wurde. Sie haben 48 Stunden Zeit, Ihr Hab und Gut zu packen und diesen Ort zu verlassen. Der Regierungsvertreter drückt Ihnen noch einen Zettel in die Hand mit der Adresse einer Beratungsstelle in der nächstgelegenen Stadt.
Verzweifelt machen Sie sich mit Ihrer Familie auf den Weg in die Stadt. Bei der Beratungsstelle erfahren Sie nur, dass das Land nie ihr Eigentum war, sondern öffentliches Gut und die Regierung alles Recht habe, dieses Gut zu verscherbeln. Vor der Beratungsstelle wartet aber schon ein sympathischer Mann auf Sie. Dieser hört Ihnen geduldig zu, wie Sie Ihre Probleme schildern. Sie wissen nicht wohin, Sie wissen nicht, wie Sie in Zukunft Ihre Familie ernähren sollen. Sie haben keine Arbeit, keine Bleibe, keine Heimat, nur einige hundert Dollar Ersparnisse. Der fremde Mann bestärkt Sie in Ihrem Glauben, dass Ihnen Unrecht geschehen ist. Er spricht von einer internationalen Konvention und dass Sie sich an ein fremdes Land wenden können, das Ihnen hilft. Besonders hilfsbereite Länder gibt es in Europa. Der Mann bietet Ihnen an, Sie und Ihre Familie dorthin zu bringen, wenn Sie ihm Ihre Ersparnisse überlassen.
So geraten Sie in die Fänge einer internationalen Schlepperorganisation. Wir kürzen Geschichte hier ab. Jedenfalls landen Sie mit Ihrer Familie in Österreich, wo in einem aufwändigen Asylverfahren festgestellt wird, dass Sie weder politisch, noch religiös oder aus anderen Gründen verfolgt wurden und daher keinen Anspruch auf Asyl haben.
Jetzt frage ich den geneigten Leser: Ist dieser Mensch ein Betrüger? Hat er den Asylantrag eingebracht, obwohl er genau wusste, dass er nicht verfolgt ist? Oder ist es nicht vielmehr so, dass er sich ungerecht behandelt und daher persönlich verfolgt fühlte?
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